Bei Velounfällen mit Kopfanprall wird der Kopf häufig Drehbewegungen um verschiedene Achsen unterworfen, was mit einem Risiko von Hirnverletzungen einhergeht. Zur Abmilderung dieses Verletzungsrisikos sind manche Velohelme mit einem Rotationsdämpfungssystem (RDS) ausgestattet. Frühere Studien, unter anderem auch von der BFU, fokussierten vor allem auf die MIPS-Systeme. Inzwischen sind jedoch zahlreiche weitere RDS verfügbar, welche sich technisch teilweise stark von den MIPS-Systemen unterscheiden.
In der vorliegenden Arbeit wurde zunächst der Stand der Forschung und Technik zu RDS, deren Funktionsweisen und Effektivität zusammengefasst. Dabei zeigte sich, dass ein breiter wissenschaftlicher Konsens besteht, dass RDS prinzipiell sinnvoll sind und dass es RDS gibt, welche einen messbaren Dämpfungseffekt aufweisen. Es existieren allerdings verschiedene Ansätze zur Messung und Bewertung der Performance von RDS, und die Ergebnisse unterscheiden sich sowohl quantitativ als auch qualitativ je nach Testverfahren. Der Normentwurf prEN 13087-11 stellt einen Vorschlag zur Standardisierung der Testverfahren dar.
In einem weiteren Schritt wurden die Dämpfungseigenschaften der auf dem Schweizer Markt erhältlichen Systeme RDS 360° Turbine, KinetiCore, LDL, MIPS, ODS und WaveCel im Labor getestet. Es wurde für jedes RDS jeweils ein Beispielhelm ausgewählt, ergänzt mit einem Kontrollhelm ohne RDS. Die Helme wurden gemäss prEN 13087-11 Falltests mit Rotation um drei Achsen mit einer Hybrid-III-Kopfform unterworfen (Anprallgeschwindigkeit 6,0 m/s). Die entstehenden Belastungen wurden mit Beschleunigungs- und Drehraten-Sensoren gemessen. Die Relativ-Kinematik zwischen Helm und Kopf wurde mit Hochgeschwindigkeitsvideos verfolgt und das Auslösen des RDS mit Farbmarkierungen und Zugfäden beobachtet.
In den Ergebnissen zeigte sich, dass die Dämpfungseigenschaften der RDS wie erwartet in unterschiedlichen Rotationsachsen stark variieren und dass sich die Einschätzungen der Performance der verschiedenen Systeme stark unterscheidet, je nachdem, welchen Parameter man betrachtet. Im Mittel über verschiedene Achsen und Parameter zeigten die Systeme MIPS, ODS und WaveCel (in alphabetischer Reihenfolge) einen klar nachweisbaren Dämpfungseffekt, während die Systeme 360° Turbine, LDL und KinetiCore im Vergleich mit dem Kontrollhelm allenfalls einen kleinen Dämpfungseffekt aufwiesen.
Aus diesen Resultaten kann geschlossen werden, dass Velohelme mit RDS generell empfehlenswert sind, da sie bei geringen Mehrkosten und Mehrgewicht eine Dämpfung aufweisen, die bestenfalls besser, schlimmstenfalls gleich ist wie diejenige eines Helmes ohne RDS. Eine Messung der Performance von RDS wird dadurch erschwert, dass die Ergebnisse qualitativ und quantitativ stark von der Testmethodik abhängen. Letztere sollte daher weiter verbessert und standardisiert werden.