Urteil vom: 22. Oktober 2013
Prozessnummer: 6B_593/2013
Nach Art. 34 Abs. 4 SVG ist gegenüber allen Strassenbenützern ein ausreichender Abstand einzuhalten, namentlich beim Kreuzen und Überholen sowie beim Neben- und Hintereinanderfahren. Der Fahrzeugführer hat beim Hintereinanderfahren einen ausreichenden Abstand zu wahren, so dass er auch bei überraschendem Bremsen des voranfahrenden Fahrzeugs rechtzeitig halten kann (Art. 12 Abs. 1 VRV).
Was unter einem "ausreichenden Abstand" zu verstehen ist, hängt von den gesamten Umständen ab. Im Sinne von Faustregeln stellt die Rechtsprechung für Personenwagen auf die Regel "halber Tacho" und die "Zwei-Sekunden-Regel" ab. Die anhand dieser Regeln berechnete Distanz entspricht ungefähr der Anhaltestrecke bei plötzlichem ordnungsgemässem Bremsen und Anhalten des vorausfahrenden Personenwagens. Für die Beurteilung, ob eine grobe Verkehrsregelverletzung anzunehmen ist, wird als Richtschnur die Regel "1/6-Tacho" bzw. der Abstand von 0,6 Sekunden herangezogen (BGE 131 IV 133).
Im konkreten Fall betrug der Abstand des Beschwerdeführers zum vorderen Fahrzeug über eine Stecke von 1,5 km zwischen 12 und 18 Metern. Dies entspricht bei einer Geschwindigkeit von 120 km/h 1/10 bis rund 1/7 Tacho, mithin einem zeitlichen Abstand zwischen 0,36 und 0,54 Sekunden. Ein derart geringer Abstand bei einer Geschwindigkeit von 120 km/h auf dem Überholstreifen einer Autobahn während des Überholens von anderen Fahrzeugen begründet nach Auffassung des Bundesgerichts jedenfalls eine erhöhte abstrakte Gefahr. Eine solche Fahrweise ist demnach objektiv als grobe Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 SVG zu qualifizieren, unabhängig davon, wie gross im konkreten Einzelfall das Risiko ist, dass etwa ein Fahrzeug vom rechten Fahrstreifen auf die linke Fahrbahn gelangen könnte.
(Urteil 6B_593/2013 des Bundesgerichts vom 22.10.2013)
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