Urteil vom: 11. November 2003
Prozessnummer: 6A.52/2003
Amtliche Sammlung: 130 II 25
Warnungsentzug mit Auflagen?
X fuhr in stark alkoholisiertem Zustand mit seinem Personenwagen von seinem Wohnort zu einem Nachtclub. Wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand (FiaZ) sowie wegen verschiedener weiterer Delikte wurde er zu einer bedingten achtmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt. Das Verkehrsamt ordnete eine medizinische Begutachtung der Fahreignung von X an. Diese ergab, dass X zwar alkohol- und drogengefährdet sei, die Fahreignung derzeit aber medizinisch und verkehrspsychologisch befürwortet werden könne. Gestützt darauf wurde gegenüber X ein dreimonatiger Führerausweisentzug verfügt. Als Nebenbestimmung (Auflage) ordnete das Verkehrsamt eine ärztlich kontrollierte Alkohol- und Drogenabstinenz, die Kontrolle und Behandlung des Herz-Kreislaufsystems sowie das Einreichen eines Verlaufberichts nach drei Monaten an. Das kantonale Verwaltungsgericht setzte auf Beschwerde von X hin die Dauer des Führerausweisentzugs zwar auf zwei Monate herab, bestätigte jedoch die verfügten Auflagen. Wegen dieser Auflagen gelangte X ans Bundesgericht.
Das Bundesgericht hiess die Beschwerde gut. Das Strassenverkehrsrecht unterscheidet klar zwischen Warnungs- und Sicherungsentzügen. Der Warnungsentzug bezweckt, den Fahrzeuglenker, der schuldhaft Verkehrsregeln verletzt hat, zu mehr Sorgfalt und Verantwortung zu erziehen und ihn dadurch von weiteren Verkehrsdelikten abzuhalten. Ein Sicherungsentzug dagegen dient der Sicherung des Verkehrs vor aus medizinischen, charakterlichen oder andern Gründen ungeeigneten Führern.
Ein Warnungsentzug kommt daher nur in Betracht, wenn die Fahreignung des fehlbaren Lenkers noch zu bejahen ist. Diese Entzugsart wird für eine bestimmte Dauer ausgesprochen, die so zu bemessen ist, dass die angestrebte erzieherische Wirkung beim Verkehrsdelinquenten eintritt. Nach Ablauf der Entzugsdauer ist der Ausweis dem Fahrzeuglenker ohne weiteres wieder auszuhändigen. Eine Ausnahme gilt einzig im Fall der vorzeitigen Wiedererteilung des Ausweises; eine solche kann an Auflagen geknüpft sein, die die Besserung des Fehlbaren sicherstellen sollen (Art. 17 Abs. 3 SVG, Strassenverkehrsgesetz in der Fassung bis Ende 2004). Ansonsten jedoch kann ein Warnungsentzug nicht mit Auflagen versehen werden. Insbesondere ist es unzulässig, Unsicherheiten über die Fahreignung dadurch aufzufangen, dass ein Warnungsentzug verfügt, dieser aber mit Auflagen versehen wird. Indem das Verkehrsamt einen Warnungsentzug verfügt, die noch erforderlichen Abklärungen X als Auflagen überbunden und die Wiedererteilung des Ausweises nach Ablauf der Entzugsdauer von einem günstigen Ergebnis des zusätzlichen ärztlichen Verlaufsberichts abhängig gemacht hat, hat es entgegen der gesetzlichen Regelung einen Warnungsentzug mit Elementen des Sicherungsentzugsverfahrens kombiniert und damit gegen Bundesrecht verstossen. Aus diesen Gründen wurde die Verwaltungsgerichtsbeschwerde von X gutgeheissen und die Sache zu neuem materiellem Entscheid ans Verkehrsamt zurückgewiesen.
(Urteil vom 11.11.2003; Prozess-Nr. des Bundesgerichts 6A.52/2003)
Die BFU-Sammlung von Bundesgerichtsentscheiden
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