Urteil vom: 1. Mai 2007
Prozessnummer: 6A.8/2007

Sachverhalt
Dem Arzt X war wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand (Blutalkoholkonzentration von mindestens 2,26 Promille) am 21.1.2002, morgens um 07.00 Uhr, der Führerausweis für die Dauer von fünf Monaten entzogen worden.

Am 4.2.2006 fuhr X um 11.25 Uhr auf der Autobahn. Dabei wurde er wegen unsicherer Fahrweise mit Schlangenlinien kontrolliert. Die Polizei nahm ihm den Führerausweis auf der Stelle ab. Die Analyse der Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,74 bis 2,16 Promille.

Prozessgeschichte
Daraufhin eröffnete das kantonale Strassenverkehrsamt ein Verfahren zwecks Abklärung der Fahreignung und verbot X vorsorglich das Führen von Motorfahrzeugen aller Kategorien. Das verkehrsmedizinische Gutachten kam unter anderem aufgrund einer Haaranalyse zum Schluss, es bestehe eine verkehrsrelevante Alkoholproblematik mit Abhängigkeitscharakter.

Das kantonale Strassenverkehrsamt entzog ihm gestützt auf dieses Gutachten mit Verfügung vom 17.8.2006 den Führerausweis bei einer Sperrfrist von zwölf Monaten auf unbestimmte Zeit. Für die Aufhebung des Entzugs wurde eine kontrollierte und fachlich betreute Alkoholabstinenz von mindestens zwölf Monaten und der Verzicht auf die Verordnung suchterzeugender zentralwirksamer Medikamente oder die Umstellung auf eine entsprechende unproblematische Medikation verlangt. X war damit nicht einverstanden und gelangte bis ans Bundesgericht. Das Bundesgericht wies die Beschwerde von X ab.

Für die Prävention entscheidende Erwägungen des Bundesgerichts
Für die Abklärung der Alkoholabhängigkeit bzw. des verkehrsrelevanten Alkoholmissbrauchs liess der Gutachter zusätzlich eine Haaranalyse vornehmen. Bei der neu eingesetzten forensisch-toxikologischen Haaranalyse auf Ethylglucuronid (ETG) handelt es sich – anders als bei der bisher angewendeten Blutanalyse – um eine direkte, beweiskräftige Analysemethode. Weil ETG ein Abbauprodukt von Alkohol ist, belegt dessen Nachweis den Konsum von Alkohol. Aufgrund des Kopfhaar-Längenwachstums von ca. 1 cm pro Monat lassen sich Aussagen über den Alkoholkonsum während der entsprechenden Zeit vor der Haarentnahme machen.

Der Bundesgesetzgeber habe auf die Möglichkeit der Haaranalyse ausdrücklich hingewiesen (Art. 55 Abs. 7 lit. c SVG [Strassenverkehrsgesetz], Fassung seit 1.1.2005). Das Beweisverfahren richte sich nach kantonalem Recht. Die Haarentnahme greife zwar in die körperliche Integrität und damit in das Grundrecht der persönlichen Freiheit ein; es sei jedoch ein leichter Eingriff, der sich auf eine genügende gesetzliche Grundlage im kantonalen Recht abstützen lasse, im öffentlichen Interesse liege und verhältnismässig sei. Gemäss Bundesgericht dürften sich künftig auch die weitgehenden und heiklen Abklärungen im Umfeld des Betroffenen (z. B. beim Hausarzt, Arbeitgeber und bei der Familie) in der Regel erübrigen; wenn sich die neue und direkte Methode der Haaranalyse durchsetze, seien solche Abklärungen nicht mehr nötig, um zu einem sicheren Befund zu gelangen.

Aus diesen Gründen müsse davon ausgegangen werden, dass bei X eine verkehrsrelevante Alkoholproblematik mit Abhängigkeitscharakter vorliege. Die Vorinstanz habe damit zu Recht die Fahreignung von X gestützt auf Art. 16d Abs. 1 lit. b SVG (Fassung seit 1.1.2005) verneint. Die Bedingungen für die Aufhebung des unbefristeten Entzugs seien bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

(Prozess-Nr. des Bundesgerichts 6A.8/2007)

Die BFU-Sammlung von Bundesgerichtsentscheiden

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