Urteil vom: 1. Januar 1753
Prozessnummer: 6B_1379/2023


Medienmitteilung des Bundesgerichts vom 14 Okt. 2024

Neue Regelung zur Mindeststrafe für Ersttäter bei Raserdelikten


Das Bundesgericht äussert sich zur neuen Regelung bezüglich des Strafrahmens für Ersttäter bei Raserdelikten. Es bestätigt die vom Tessiner Appellationsgericht ausgesprochene bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen für einen Autolenker, der die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn um 88 km/h überschritten hat.

Der Autolenker hatte 2020 auf der Autobahn die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 88 km/h überschritten. In erster Instanz wurde er für dieses Raserdelikt (Überschreitung von mindestens 80 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit mehr als 80 km/h beträgt, Artikel 90 des Strassenverkehrsgesetzes, SVG) im Januar 2023 zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten und einer Busse von 500 Franken verurteilt. Ende Oktober 2023 trat eine neue Regelung in Bezug auf das Strafmass bei Raserdelikten in Kraft (Artikel 90 Absatz 3ter SVG). Demnach kann gegen Ersttäter anstatt einer Freiheitsstrafe auch eine Geldstrafe verhängt werden; dies setzt voraus, dass der Täter innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Tat nicht wegen eines Verbrechens oder Vergehens im Strassenverkehr mit ernstlicher Gefahr für die Sicherheit anderer, respektive mit Verletzung oder Tötung anderer verurteilt wurde. Da dies im konkreten Fall zutraf, verhängte das Appellationsgericht des Kantons Tessin im November 2023 in zweiter Instanz eine bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen und eine Busse von 1'000 Franken. Die Staats - anwaltschaft erhob dagegen Beschwerde ans Bundesgericht.

Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber mit der neuen Bestimmung beabsichtigte, einen autonomen strafrechtlichen Rahmen für Ersttäter zu schaffen. Dem Richter soll ein Ermessensspielraum eingeräumt werden, indem er nicht mehr zwingend eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr aussprechen muss, falls beim Täter keine früheren Verurteilungen wegen Verbrechen oder Vergehen im Zusammenhang mit dem Strassenverkehr vorliegen. Entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft ist es für eine Anwendung dieser neuen Bestim mung nicht notwendig, dass beim Täter darüber hinaus besonders günstige Umstände vorliegen müssen. Nachdem im konkreten Fall gegen den Täter keine Verurteilungen wegen entsprechender Verkehrsdelikte bestehen, ist das Urteil des Appellationsgerichts nicht zu beanstanden.


Quelle: Eintrag entspricht dem Originaltext der Medienmitteilung.
Urteil mit dem rechtlich relevanten Originalwortlaut findet sich hier.

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