Urteil vom: 1. Dezember 1998
Amtliche Sammlung: 125 IV 9

Am 18.4.1994 fuhr ein Skilehrer in Begleitung von sechs Gästen auf einer zu diesem Zeitpunkt geöffneten Piste. Als sie eine Traverse befuhren, um auf eine andere Piste zu gelangen, löste sich am Berg oberhalb dieser Traverse eine Lawine und verschüttete sie. Einer der Gäste, die von der Lawine erfasst und mitgerissen wurden, verstarb am folgenden Tag an den erlittenen schweren Verletzungen.

Der Direktor X der Luftseilbahn, die diese beiden Pisten unterhält, war hauptverantwortlich für den Pistendienst. Zum Zeitpunkt des Unfalls war er indes wegen eines Spitalaufenthaltes abwesend. Der Pistenchef Y hatte am Morgen des Unfalltages nach einer Woche Abwesenheit seine Arbeit wieder aufgenommen.

Das erstinstanzliche Gericht verurteilte X und Y wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Störung des öffentlichen Verkehrs zu Bussen von Fr. 1000.- bzw. 800.-. Das oberinstanzliche Gericht hiess die Berufung von Y gut und sprach ihn frei; die Berufung von X wies es dagegen ab, woraufhin X ans Bundesgericht gelangte und eine Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils beantragte.

Das Bundesgericht wies die Beschwerde von X ab. Ein Bergbahn- oder Skiliftunternehmen sei verpflichtet, für seine Pisten alle Sicherheitsvorkehren zu treffen, um Unfälle wie diesen zu verhindern. Dazu gehöre insbesondere auch die Pflicht, ein ausreichendes Sicherheitsdispositiv aufzustellen. Ein solches beinhalte einerseits die Festlegung einer Verantwortlichkeitsordnung in personeller Hinsicht, auch und gerade für den Fall der Abwesenheit der Primärverantwortlichen (z.B. des Direktors und seines Stellvertreters). Es müsse anderseits auch Gewähr bieten, dass die zur Beurteilung der Lawinengefahr erforderlichen Informationen laufend aufgezeichnet, gesammelt, soweit nötig ausgewertet und weitergegeben werden. Schliesslich müsse klar geregelt sein, dass Skipisten nur geöffnet werden dürfen, wenn ihre Sicherheit hinreichend abgeklärt werden könne und auch abgeklärt worden sei. Ein solches Sicherheitsdispositiv habe X nicht aufgestellt. Nach den Feststellungen der Vorinstanz hätte er bereits einen Tag vor seinem Spitaleintritt – nämlich am 15.4. – die Sperrung der gefährdeten Piste anordnen oder für ein künstliches Auslösen der Lawine sorgen sollen. Das hat er unterlassen. Indem er überdies nicht für die Aufzeichnung und Weiterleitung der täglich anfallenden Informationen über die aktuelle Lawinensituation und der von ihm getroffenen Massnahmen besorgt war, hätten sich seine Mitarbeiter, namentlich der Pistenchef, der seine Arbeit nach einwöchiger Abwesenheit am Morgen des Unfalltages wieder aufgenommen hatte, in falscher Sicherheit gewiegt. Deshalb sei die Piste am 18.4. ohne weitere Abklärungen geöffnet worden. Durch ein genügendes Sicherheitsdispositiv mit organisierter Weitergabe aller relevanten Informationen wäre der Unfall vermieden worden. Aus diesen Gründen verletzte die Verurteilung von X kein Bundesrecht.

Volltext des Urteils siehe hier

Die BFU-Sammlung von Bundesgerichtsentscheiden

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