Urteil vom: 24. Juni 2005
Prozessnummer: 6S.139/2005
W prallte mit der linken Front ihres Personenwagens in die 79-jährige Fussgängerin V, die den Fussgängerstreifen aus der Sicht der Autofahrerin von links nach rechts überquerte. V erlitt Verletzungen, die einen zweimonatigen Spitalaufenthalt erforderten. Die kantonalen Gerichte bewerteten die Geschwindigkeit des Fahrzeugs von 50 km/h als leicht übersetzt. Wegen einer kurzfristigen Unaufmerksamkeit habe W die Situation falsch eingeschätzt, weshalb sie sich einer einfachen Verkehrsregelverletzung schuldig gemacht habe. Dies rechtfertige eine Busse von Fr. 1000.-. Die Staatsanwaltschaft gelangte ans Bundesgericht. Dieses hiess die Nichtigkeitsbeschwerde aus folgenden Gründen gut:
Das Bundesgericht sei an die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid gebunden. Diese würden im konkreten Fall aber nicht ausreichen, um die Frage der unbewussten Grobfahrlässigkeit zu überprüfen. Weil die Sicht gut und die Strecke übersichtlich war, hätten die kantonalen Vorinstanzen insbesondere abklären müssen, auf welche Distanz W die Fussgängerin V hätte erkennen können. Dies wäre wichtig, um die Dauer der Unaufmerksamkeit von W verlässlich beurteilen zu können. Nur solche Feststellungen würden es erlauben zu beurteilen, ob das Verhalten von W als einfache oder grobe Verkehrsregelverletzung eingestuft werden müsse. Gerade die Annahme unbewusster Grobfahrlässigkeit müsse sorgfältig geprüft werden. Sie könne nur bejaht werden, wenn das Nichtbedenken der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ebenfalls auf Rücksichtslosigkeit beruhe und daher besonders vorwerfbar sei. Rücksichtslosigkeit sei eine besondere Gleichgültigkeit bzw. ein bedenken- oder gewissenloses Verhalten gegenüber fremden Rechtsgütern. Aus diesem Grund hob das Bundesgericht den Entscheid der Vorinstanz auf und wies die Sache zur Neubeurteilung zurück.
(Prozess-Nr. des Bundesgerichts 6S.139/2005)
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