Arrêt du: 1 octobre 2008
N° de procédure: 6B_621/2007
Recueil officiel: 135 IV 32
Ende 2006 ereignete sich in einem Parkhaus ein Verkehrsunfall. In diesem Parkhaus sind bloss die Parkfelder am Boden markiert und keine Signale wie z.B. Richtungspfeile oder Vortrittssignale vorhanden, auch die Einfahrts- und Ausfahrtsstrasse ist nicht signalisiert. Nachdem X mit seinem Wagen das Parkfeld verlassen hatte, steuerte er auf einem Fahrstreifen Richtung Einfahrts- und Ausfahrtsstrasse zu um rechts abzubiegen. Da dort ein Lieferwagen seine Sicht verdeckte, übersah X das von links kommende Fahrzeug von Y. Dieser hatte rechts abbiegen wollen, um zu den Parkfeldern zu gelangen. Es kam zu einer Kollision. In der Folge wurde X von der kantonalen Justiz der Missachtung des Vortritts für schuldig befunden und mit Fr. 200.– gebüsst. Begründet wurde dies damit, X hätte Y an der unübersichtlichen Stelle gemäss Art. 15 Abs. 3 VRV (Verkehrsregelnverordnung) den Vortritt gewähren müssen oder eine Drittperson zu Hilfe ziehen sollen. X beharrte jedoch auf seiner Meinung, es habe Rechtsvortritt gegolten, und wehrte sich gegen seine Verurteilung erfolgreich vor Bundesgericht.
Gemäss Art. 36 Abs. 2 Satz 1 SVG (Strassenverkehrsgesetz) hat auf Strassenverzweigungen (Kreuzungen, Gabelungen oder Einmündungen von Fahrbahnen) das von rechts kommende Fahrzeug den Vortritt. Daraus folgt, dass grundsätzlich immer Rechtsvortritt gilt, wenn Fahrbahnen in Form von Kreuzungen, Gabelungen oder Einmündungen aufeinandertreffen oder sich schneiden. Es gibt allerdings Ausnahmen: So haben nach Art. 36 Abs. 2 SVG Fahrzeuge auf gekennzeichneten Hauptstrassen den Vortritt, auch wenn sie von links kommen, wobei abweichende Regelungen durch Signale oder durch die Polizei vorbehalten bleiben. Ferner gilt gemäss Art. 1 Abs. 8 Satz 2 VRV das Zusammentreffen von Rad- oder Feldwegen, von Garage-, Parkplatz-, Fabrik- oder Hofausfahrten usw. mit der Fahrbahn nicht als Verzweigung. Damit übereinstimmend hat nach Art. 15 Abs. 3 VRV, wer aus Fabrik-, Hof- oder Garagenausfahrten, aus Feldwegen, Radwegen, Parkplätzen, Tankstellen und dergleichen oder über ein Trottoir auf eine Haupt- oder Nebenstrasse fährt, den Benützern dieser Strassen den Vortritt zu gewähren.
Gemäss älterer Rechtsprechung musste im Parkhaus bislang unterschieden werden zwischen den Fahrstreifen, die zu den Parkfeldern führen, und den diesen gegenüber vortrittsberechtigten Verkehrswegen, welche nicht eine direkte Zufahrt zu den Parkfeldern bieten. Nun änderte das Bundesgericht seine Rechtsprechung und entschied Folgendes:
Soweit – wie im vorliegenden Fall – auf Parkfeldern und in Parkhäusern nichts anderes signalisiert oder am Boden markiert ist, gilt dort (künftig) grundsätzlich Rechtsvortritt. Lediglich beim Verlassen des Parkfelds muss auch dem von links kommenden Verkehr der Vortritt gewährt werden. Demnach war X gegenüber seinem von links kommenden Kollisionsgegner Y vortrittsberechtigt gewesen und hätte nicht verurteilt werden dürfen. Das Bundesgericht hob das Urteil der Vorinstanz auf und wies den Fall zur Neubeurteilung an diesezurück.
(Urteil vom 1.10.2008; Prozess-Nr. des Bundesgerichts 6B_621/2007; Pra 5/2009 Nr. 58)
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