Arrêt du: 27 novembre 2017
N° de procédure: 6B_863/2017
Sachverhalt
X fuhr am 17.12.2011 nachmittags in seinem PW zeitgleich wie sein Nachbar und Freund Y in seinem PW in Richtung K. Wiederholt überschritten die beiden die zulässige Höchstgeschwindigkeit. X fuhr Y mehrmals nahe auf und versuchte, ihn zu überholen. Dies verhinderte Y, indem er auf die Fahrbahnmitte lenkte und X dadurch die Durchfahrt versperrte. Als X nach dem Überholmanöver im Dorfkern von L im Bereich einer unübersichtlichen Rechtskurve auf die rechte Fahrbahn einlenken wollte, kam er mit einer Geschwindigkeit zwischen 93 km/h und 100 km/h ins Schleudern und kollidierte mit dem aus der Gegenrichtung kommenden Fahrzeug von A . In der Folge erfasste das Fahrzeug von X den Fussgänger B.A., der sich mit seiner Familie nach dem Überqueren des Fussgängerstreifens auf dem Trottoir befand.
B.A. erlag auf der Unfallstelle seinen schweren Verletzungen. B.B., die Ehefrau des Verstorbenen, erlitt leichte physische Verletzungen und leidet seither an einer posttraumatischen Belastungsstörung. B.C., der damals 16 Monate alte Sohn des Verstorbenen, erlitt einen Ellenbogenbruch sowie leichte Verletzungen. Die vierjährige Tochter B.D. blieb unverletzt. A. erlitt einen Knochen- und Lendenwirbelbruch sowie eine Hirnerschütterung.
Prozessgeschichte
Das Regionalgericht Berner Jura-Seeland sprach X. am 14. Dezember 2015 der vorsätzlichen Tötung, der versuchten vorsätzlichen Tötung zum Nachteil von B.B., B.C., B.D. und A. sowie der zweifachen groben Verkehrsregelverletzung schuldig. Es verurteilte X. zu einer Freiheitsstrafe von 7 1/2 Jahren und einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 90.--.
Y. wurde im selben Urteil der vorsätzlichen Tötung, der mehrfachen versuchten vorsätzlichen Tötung und der zweifachen groben Verkehrsregelverletzung schuldig erklärt. Das Regionalgericht verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren und einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 90.--.
X., Y. sowie die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern legten gegen das Urteil des Regionalgerichts Berufung ein.
Das Obergericht des Kantons Bern bestätigte mit Urteil vom 9. März 2017 den Schuldspruch der vorsätzlichen Tötung, der versuchten vorsätzlichen Tötung zum Nachteil von B.B., B.C., B.D. und A. sowie der groben Verkehrsregelverletzung gegen X. und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 5 1/2 Jahren sowie einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 90.--. Es sprach Y. von der Anschuldigung der vorsätzlichen Tötung und der mehrfachen versuchten vorsätzlichen Tötung frei und erklärte ihn der groben Verkehrsregelverletzung durch Nichtfreigeben der Strasse sowie Erhöhen der Geschwindigkeit beim Überholtwerden schuldig.
X war damit nicht einverstanden und gelangte ans Bundesgericht. Das Bundesgericht wies seine Beschwerde ab.
Für die Prävention entscheidende Erwägungen des Bundesgerichts
Streitig ist, ob dem Beschwerdeführer betreffend Tötung und versuchte Tötung zum Nachteil von B.A., B.B., B.C., B.D. und A. ein eventualvorsätzliches oder ein fahrlässiges Handeln vorzuwerfen ist. Eventualvorsatz in Bezug auf Verletzungs- und Todesfolgen ist bei Unfällen im Strassenverkehr nur mit Zurückhaltung und in krassen Fällen anzunehmen, in denen sich aus dem gesamten Geschehen ergibt, dass der Fahrzeuglenker sich gegen das geschützte Rechtsgut entschieden hat (BGE 133 IV 9 E. 4.4 S. 20).
Die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h war dem Beschwerdeführer bekannt. Er wusste, dass er sie mit der gefahrenen Geschwindigkeit von mind. 93 km/h massiv überschritt und dass auf die Rechtskurve ein Fussgängerstreifen folgte. Dass eine derartige Fahrweise zum Verlust der Herrschaft über das Fahrzeug führen kann, war für den Beschwerdeführer erkennbar. Der Beschwerdeführer verfügte kaum über Fahrpraxis und konnte daher auch nicht davon ausgehen, auftretende Schwierigkeiten und kritische Situationen mit Fahrgeschicklichkeit bewältigen zu können (vgl. Urteil 6B_168/2010 vom 4. Juni 2010 E. 1.4). Er wusste auch, dass an einem Samstagnachmittag vor Weihnachten im Dorfkern mit erhöhter Wahrscheinlichkeit Fussgänger und andere Verkehrsteilnehmer anzutreffen sind. Dass unter diesen Umständen die erhöhte Gefahr eines Verkehrsunfalls mit schwerstmöglichen Folgen bestand, war dem Beschwerdeführer bewusst, wie die Vorinstanz festhält. Die sichtbare Strecke war gemäss verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz völlig ungenügend, um bei Gegenverkehr rechtzeitig reagieren zu können. Es war für ihn als Junglenker erkennbar, dass er angesichts seiner kaum vorhandenen Fahrpraxis ein Einbiegen auf die rechte Spur innerhalb kurzer Zeit ohne Verlust der Herrschaft über das Fahrzeug kaum bewältigen würde. Die Wahrscheinlichkeit einer tödlichen Kollision war aufgrund der örtlichen Verhältnisse und seiner Fahrweise derart hoch, dass er sie erkannte. Das Wissenselement des Vorsatzes ist zu bejahen.
Nach den auf dem Zusatzgutachten vom 17. Juni 2015 der Dynamic Test Center AG basierenden Feststellungen der Vorinstanz war es dem Beschwerdeführer nicht möglich, auf Gegenverkehr oder Fussgänger rechtzeitig zu reagieren. Die Querbeschleunigung seines Fahrzeugs sei beim Schleuderbeginn dermassen hoch gewesen, dass nur ein professioneller Testfahrer ein unkontrolliertes Schleudern hätte verhindern können. Der Beschwerdeführer liess sich auch nicht durch die Beschleunigung von Y. davon abbringen, das riskante Überholmanöver durchzuziehen. Indem er in dieser Situation weder unmittelbar vor dem Personenwagen von Y. einbog noch verlangsamte und hinter Y. einschwenkte, sondern beschleunigte und das vor Y. fahrende Auto überholte, manifestierte er seine übersteigerte Risikobereitschaft. Angesichts der massiven Geschwindigkeitsüberschreitung im Dorfkern im Bereich einer Rechtskurve an einem Samstagnachmittag hing der Nichteintritt des Erfolgs letztlich ausschliesslich von Glück und Zufall ab. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern der Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände vernünftigerweise darauf vertrauen konnte, dass sich die Gefahr einer tödlichen Kollision nicht verwirklichen würde. Der Beschwerdeführer ist damit willentlich ein äusserst hohes Risiko eingegangen. Die Sorgfaltspflichtverletzung wiegt angesichts des Überholmanövers mit einer massiven Geschwindigkeitsüberschreitung unter den örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten schwer. Das Verhalten des Beschwerdeführers kann nicht bloss als unverantwortlicher Leichtsinn gewürdigt werden. Dass er sich auf das Überholmanöver einliess, spricht für die Inkaufnahme der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung. Der Einwand, er habe nicht so lange für seinen BMW gespart, um dann gleichgültig in Kauf zu nehmen, dass dieser kaputt gehe, mutet angesichts der Opfer zynisch an und vermag aufgrund des eingegangenen Risikos sowie der schwerwiegenden Sorgfaltspflichtverletzung nicht zu überzeugen. Aus dem Ablauf des Geschehens, insbesondere der gegenseitigen Anstachelung, der massiv überschrittenen Höchstgeschwindigkeit und des im Dorfkern vor einem Fussgängerstreifen stattfindenden Überholmanövers ergibt sich, dass es das primäre Ziel des Beschwerdeführers war, Y. die eigene fahrerische Überlegenheit zu beweisen. Dieses Ziel hat er höher bewertet als die drohenden Folgen. Dadurch, dass sich der Beschwerdeführer auch nicht von der Beschleunigung von Y. davon hat abbringen lassen, das Überholmanöver durchzuziehen, hat er zum Ausdruck gebracht, dass er den als möglich erkannten Erfolg in Kauf nahm (vgl. BGE 130 IV 58 E. 9.1.1 S. 65). Damit ist auch das Willenselement des Vorsatzes zu bejahen.
Die Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht, wenn sie den Beschwerdeführer der eventualvorsätzlichen Tötung sowie mehrfachen versuchten Tötung schuldig spricht
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