Arrêt du: 28 mars 2006
N° de procédure: 6 S.114/2005
Sachverhalt
X lieferte sich in der Nacht des 4.10.2000 auf der Autobahn mit Y ein Rennen. Ungefähr einen Kilometer vor einer Autobahnausfahrt reduzierte Y die Geschwindigkeit auf das zulässige Mass und reihte sich mit seinem Wagen hinter dem Personenwagen eines weiteren Verkehrsteilnehmers ein, der ungefähr mit 90 km/h auf der rechten, zur Ausfahrt führenden Spur unterwegs war. Dem nachfolgenden X signalisierte er mit dem mehrmaligen Betätigen des Bremspedals, dass vor ihm ein anderes Auto in die Ausfahrt fuhr. Dennoch setzte X alles daran, seinem Beifahrer, Y und dessen Begleiterin die Leistungskraft seines Wagens, seine fahrerische Überlegenheit und seinen Wagemut zu beweisen, um damit Eindruck zu schinden und sein Ansehen bei diesen Personen zu heben. Auf Höhe des Beginns der Sicherheitslinie, die die Autobahnspuren von der Ausfahrt trennt, überholte X deshalb den in der äussersten rechten Spur Richtung Ausfahrt fahrenden Wagen von Y mit einer Geschwindigkeit von mindestens 170 km/h, wahrscheinlich bis über 200 km/h. Dabei hielt er lediglich einen kleinen seitlichen Abstand von weniger als einem Meter ein. Nach Vollendung dieses Manövers fuhr er vor dem Signal „Abfahrtstafel“ mit dem ganzen Fahrzeug über die Sperrfläche in die Autobahnausfahrt ein. Immer noch mit unverminderter Geschwindigkeit auf der Sperrfläche fahrend überholte er dann den sich bereits auf der Rampe der Ausfahrt befindlichen Wagen des vor Y fahrenden Verkehrsteilnehmers, wobei er zu dessen Fahrzeug einen seitlichen Abstand von lediglich 1,25 bis 1,5 m einhielt. Als X sein Auto über die Kuppe der Ausfahrt lenkte, verlor er infolge der massiv übersetzten Geschwindigkeit die Kontrolle über das Fahrzeug und kollidierte unter anderem mit einem hinter der Leitplanke verankerten Beton-Kandelaber, der durch den Aufprall des Wagens gefällt wurde. Infolge dieses Unfalls erlitt der Beifahrer von X schwerste Verletzungen, die zu seinem sofortigen Tod führten. X blieb ohne schwere Verletzungen.
Prozessgeschichte
Die letzte kantonale Instanz verurteilte X unter anderem wegen vorsätzlicher Tötung gemäss Art. 111 StGB (Strafgesetzbuch). X war mit diesem Schuldspruch nicht einverstanden und gelangte ans Bundesgericht. Das Bundesgericht wies seine Beschwerde ab.
Für die Prävention entscheidende Erwägungen des Bundesgerichts
Eventualvorsatz liegt vor, wenn der Täter den Eintritt des Erfolgs bzw. die Tatbestandsverwirklichung für möglich hält, aber dennoch handelt, weil er den Erfolg für den Fall seines Eintritts in Kauf nimmt, sich mit ihm abfindet, mag er ihm auch unerwünscht sein. Für den Nachweis des Vorsatzes darf der Richter vom Wissen des Täters auf den Willen schliessen, wenn sich dem Täter die Verwirklichung der Gefahr als so wahrscheinlich aufdrängte, dass die Bereitschaft, sie als Folge hinzunehmen, vernünftigerweise nur als Inkaufnahme des Erfolgs ausgelegt werden kann. Je grösser die Wahrscheinlichkeit der Tatbestandsverwirklichung ist und je schwerer die Sorgfaltspflichtverletzung wiegt, desto näher liegt die tatsächliche Schlussfolgerung, der Täter habe die Tatbestandsverwirklichung in Kauf genommen.
Gemäss Bundesgericht durfte die kantonale Vorinstanz das Wissenselement des Vorsatzes bejahen. X, dem die Örtlichkeiten bekannt waren, sei es ohne weiteres erkennbar gewesen, dass das Befahren einer Autobahnausfahrt, bei der die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 100 km/h begrenzt ist und bei der eine Kuppe die Sicht auf die nachfolgende Linkskurve verdeckt, mit einer Geschwindigkeit von 170 km/h bis über 200 km/h die naheliegende Möglichkeit schaffe, dass er die Herrschaft über das Fahrzeug verlieren könnte. Die Wahrscheinlichkeit eines Verkehrsunfalls mit schwerst möglichen Folgen sei aufgrund der gegebenen Verhältnisse derart hoch gewesen, dass X diese bei seinem Entschluss, die vor ihm fahrenden Personenwagen noch zu überholen und in die Ausfahrt einzubiegen, erkannt haben musste.
Die kantonale Vorinstanz durfte gemäss Bundesgericht aber auch die Willensseite des Vorsatzes bejahen. Indem X trotz der nahenden Ausfahrt und dem Umstand, dass sein Kontrahent das Rennen aufgegeben hatte, seine Fahrt weiter beschleunigte, um den Wagen von Y noch vor der Ausfahrt zu überholen, wo er unter erheblicher Gefährdung des unbeteiligten Automobilisten dessen Wagen ebenfalls noch passieren musste, habe er es im eigentlichen Sinn „darauf ankommen lassen“. Aufgrund der Situation habe er gar nicht anders gekonnt, als ernsthaft mit der Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung zu rechnen. X habe offensichtlich das Ziel, dem Kontrahenten und den Mitfahrern die eigene fahrerische Überlegenheit zu beweisen, höher bewertet als die eigene Sicherheit und diejenige seines Beifahrers. Der drohende schwere Unfall mit seinen Folgen sei ihm offensichtlich völlig gleichgültig gewesen. Daher lasse sich das Verhalten von X nicht mehr als fahrlässiges Handeln würdigen. Der Schuldspruch wegen eventualvorsätzlicher Tötung verletze daher kein Bundesrecht.
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