Decisione del: 6 ottobre 2023
Numero processo: 7B_11/2022

Sachverhalt
Am 21. Februar 2020 wurde eine blaue Skipiste zum Nachtschlitteln freigegeben, auf der sich dann um ca. 21:00 Uhr ein Unfall ereignete. A. kollidierte mit einem Holzpfosten der Pistenabsperrung und erlitt dabei mehrere Frakturen und schwere weitere Verletzungen, die noch heute Einfluss auf ihr Leben haben.

Prozessgeschichte

  • 14. Mai 2020: Strafklage von A. eingereicht
  • 14. August 2020: Eröffnung Strafverfahren durch Staatsanwaltschaft Freiburg wegen fahrlässiger Körperverletzung
  • 30. September 2021: Einstellungsverfügung in Aussicht gestellt.
  • 19. Oktober 2021: Stellungnahme A. mit Antrag, dass der Pistenchef, die Pistenpatrouilleurin und der (mittlerweile verstorbene) Geschäftsführer der Bahnbetreiberin wegen fahrlässiger Körperverletzung zu verurteilen seien; eventualiter beantragt A. die Erstellung eines Gutachtens zur Polsterung des Holzpfostens. Darauf ist die Staatsanwaltschaft jedoch nicht eingetreten.
  • 30. November 2021: Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Freiburg, Zivilklage auf Zivilweg verwiesen.
  • Beschwerde ans Kantonsgericht durch A., am 29. April 2022 abgewiesen, Entscheid der Staatsanwaltschaft wird gestützt.
  • Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht, kantonsgerichtliche Beschluss sei aufzuheben, am 6. Oktober 2023 durch das Bundesgericht abgewiesen, der Beschluss des Kantonsgerichts und vorgängig der Staatsanwaltschaft wird gestützt.


Für die Prävention entscheidende Erläuterungen des Bundesgerichts

• Erwägung 2.2.1: «Das Mass der im Einzelfall zu beachtenden Sorgfalt richtet sich, wo besondere, der Unfallverhütung und der Sicherheit dienende Normen ein bestimmtes Verhalten gebieten, in erster Linie nach diesen Vorschriften (BGE 148 IV 39 E. 2.3.3; 145 IV 154 E. 2.1; 143 IV 138 E. 2.1). Fehlen solche, kann sich der Vorwurf der Fahrlässigkeit auf allgemein anerkannte Verhaltensregeln privater oder halbprivater Vereinigungen (BGE 148 IV 39 E. 2.3.3; 127 IV 62 E. 2d mit Hinweis) oder auf allgemeine Rechtsgrundsätze wie den allgemeinen Gefahrensatz stützen (BGE 148 IV 39 E. 2.3.3; 145 IV 154 E. 2.1; 135 IV 56 E. 2.1).»

• Erwägung 2.2.4:

  • Bergbahnen und Skiliftunternehmen (Garanten) sind verpflichtet, «die zur Gefahrenabwehr zumutbaren Vorsichts- und Schutzmassnahmen vorzukehren» (= Verkehrssicherungspflicht)
  • Ob die Verkehrssicherungspflichten im konkreten Einzelfall ausreichen, wird geprüft anhand der SKUS-Richtlinien für Anlagen, Betrieb und Unterhalt auf Schneesportabfahrten und der SBS-Richtlinien (vgl. BGE 130 III 193, siehe BFU-Website). Diese Richtlinien sind nicht objektives Recht, aber helfen bei der inhaltlichen Deutung der Verkehrssicherungspflicht
  • Die Grenze der Verkehrssicherungspflicht bilden einerseits die Zumutbarkeit der Sicherheitsmassnahmen und andererseits die Selbstverantwortung des einzelnen Pistenbenützers


• Erwägung 2.2.5: Im Einzelfall kann aufgrund der örtlichen Gegebenheiten ein höherer Sicherheitsstandard gefordert sein, als die genannten Richtlinien es verlangen. Dies prüft das Bundesgericht selbst (Mass der Sorgfalt)

• Erwägung 2.4.1: Die SKUS-Grundsätze sind sinngemäss auch auf Schlittelanlagen/-pisten anzuwenden (Ziff. 75 SKUS-Richtlinien). Dies anerkennt auch das Bundesgericht.

• Erwägung 2.4.2: A. machte geltend, der Zaun mit dem Holzpfosten hätte gesichert werden müssen. Gemäss Bundesgericht steht fest, dass der Holzpfosten von Weitem erkennbar war, weil er mit einer gut sichtbaren orangen Schutzmatte markiert war. Die Vorinstanz habe schlüssig erwogen, dass die Markierung genügte. Sie habe auch darauf hingewiesen, dass der Holzpfosten nach einem kurvenlosen Flachstück platziert war, und nicht etwa am Fuss des Steilhangs. Zudem habe sich die Piste nicht erst beim Holzpfosten verengt, sondern bereits davor. Die Vorinstanz sei nicht in Willkür verfallen und habe auch sonst kein Bundesrecht verletzt, wenn sie zum Schluss gelangt sei, A. hätte ihre Fahrweise den örtlichen Gegebenheiten anpassen und einen genügenden Sicherheitsabstand zum Rand einhalten müssen, zumal der Holzpfosten von Weitem gut erkennbar war. Dass der Holzpfosten orange markiert war und nicht mit gelbschwarzen Stangen und Wimpeln, ändere daran nichts. Die Vorinstanz durfte gemäss Bundesgericht angesichts der konkreten Verhältnisse annehmen, dass es nicht erforderlich war, den Holzpfosten über die Markierung hinaus zu sichern.

• Erwägung 2.5: In einer Eventualbegründung hält die Vorinstanz fest, der fragliche Holzpfosten sei für einen Schlittelunfall hinreichend gepolstert gewesen. Darauf ist das Bundesgericht nicht näher eingegangen, nachdem sich erwiesen hat, dass bereits die Markierung des Holzpfostens ausreichte. Damit erübrigten sich gemäss Bundesgericht auch Ausführungen zum beantragten Gutachten betreffend Qualität, Befestigung und Angemessenheit der Polsterung des Holzpfostens.

Für die BFU relevante Folgerungen

• Das Bundesgericht stützte sich auf die Abklärungen der Vorinstanzen, die sich wiederum auf die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft stützen (polizeiliche Einvernahmen des Pistenchefs usw.). Danach ist der Holzpfosten ausreichend markiert gewesen. Ein Gutachten betreffend Qualität, Befestigung und Angemessenheit der Polsterung des Holzpfostens hat das Bundesgericht deshalb als nicht nötig erachtet.

Aus Sicht Unfallprävention gibt die BFU hierzu Folgendes zu bedenken:

• Ein Holzpfosten, der einen Zaun stützt, ist unbeweglich und ein ernst zu nehmendes Hindernis. Die Polsterung eines solchen Hindernisses ist gemäss SKUS- und SBS-Richtlinien dann notwendig, wenn es an neuralgischen Stellen steht (SKUS-Richtlinie Ziff. 28 ff. /SBS-Richtlinien N. 141, 146 f.). Dies gilt sowohl für Hindernisse auf der Piste als auch für solche im Randbereich der Piste. Im konkreten Fall zeugt die Position der Absperrung (inkl. Pfosten) davon, dass man sich zumindest überlegt hat, dass dort jemand reinfahren könnte (egal ob mit Ski oder Schlitten). Die BFU hätte es begrüsst, wenn dieser Aspekt mittels Gutachten für den konkreten Fall abgeklärt worden wäre.

• Die BFU hat mitgewirkt bei der Errungenschaft, dass die SKUS-Grundsätze sinngemäss auch auf Schlittelanlagen/-pisten anzuwenden sind (Ziff. 75 SKUS-Richtlinien). Dieses Prinzip anerkennt auch das Bundesgericht, was grundsätzlich zu einer Verbesserung der Pistensicherung beiträgt.

• Das Urteil zeigt, dass es bei Schneesportarten immer ein gewisses Risiko der Sportausübung gibt, das nicht auf andere abgewälzt werden kann und daher die Eigenverantwortung eine grosse Rolle spielt. Stürze gehören zu den typischen Risken des Schneesports und es kann Kollisionen mit Hindernissen geben, die nicht gesichert sind. Der Sicherheitsabstand und die angepasste, vorsichtige Fahrweise ist Sache der Pistenbenutzer und -benutzerinnen. Als Massstab gilt hier das Fahrkönnen, angepasst an den Schwierigkeitsgrad der Piste, und die verantwortungsbewusste Fahrweise. Vergleichen Sie dazu z.B. den Ratgeber Schlitteln der BFU.

Den Volltext des Urteils finden Sie hier.

Raccolta dell’UPI di decisioni del Tribunale federale

I testi completi delle decisioni sono disponibili sul sito web del Tribunale federale.

  • Le decisioni della raccolta ufficiale possono essere consultate qui: ricerca in base al numero della decisione che figura nel nostro riassunto alla voce «Raccolta ufficiale»; ad es. 129 II 82.
  • Altre decisioni sono contenute qui: ricerca in base al numero di procedimento; ad es.: 2A.249/2000.

Puoi lanciare una ricerca integrale delle decisioni cantonali sui siti dei Cantoni.

Nota bene: la maggior parte della raccolta di decisioni è disponibile solo in tedesco.

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