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Return to Play? Nur ohne Schmerzen.

Wer angeschlagen spielt, riskiert, sich noch schwerer zu verletzen. Dank den Checklisten «Return to Play» können Trainerinnen und Trainer auch ohne medizinische Kenntnisse abschätzen, ob eine Spielerin oder ein Spieler nach einem Zusammenstoss beim Zweikampf oder nach einem Misstritt wieder zurück aufs Spielfeld kann.

Die Sonne steht schon etwas tiefer, als die 15- und 16-jährigen Spielerinnen des FF19 des FC Spiez den Fussballplatz stürmen. «An die Bälle», ruft ihnen Trainer Fabio Stucki zu. Der Niesen thront dunkel und majestätisch im Hintergrund, als sie mit dem Aufwärmen beginnen und sich die Bälle zukicken. 

Auch Lena Schmid kann nach einer verletzungsbedingten Pause nun wieder mittrainieren. Fast sechs Monate musste die 15-Jährige aussetzen, um einen leichten Muskelfaserriss auszukurieren. Doch warum so lange? «Ich habe nach der Verletzung wieder zu früh mit Fussballspielen angefangen. Nach einem Zweikampf im Match hat sich der Muskelfaserriss massiv verschlimmert», erklärt sie. Ihr damaliger Trainer habe ihr gesagt, sie müsse selber entscheiden, wann sie wieder auf dem Platz stehen könne. Er kenne schliesslich ihre Schmerzen nicht. 

Eine Narbe zur Abschreckung

Auch Trainer Fabio Stucki kennt die Schmerzen der Spielerinnen nicht. Aber er merkt schnell, wenn sie ihre Schmerzen herunterspielen. «Oft sagen sie, sie seien schmerzfrei. Wenn ich dann mit ihnen die Übungen von «Return to Play» mache, sehe ich es ihrer Mimik an, dass das nicht stimmt», erklärt er.

«Sie sind sehr motiviert, wollen spielen und die Mannschaft nicht im Stich lassen.» Doch es kann schlimme Folgen haben, wenn eine Verletzung nicht richtig auskuriert ist, gerade bei Jugendlichen im Wachstum. Zur Abschreckung zeigt er den Spielerinnen manchmal die Narbe auf seinem Oberschenkel. «Ein doppelter Muskelsehnenriss. Leider habe ich trotz Schmerzen weitergespielt.» Was zur Folge hatte, dass er nun mit 27 Jahren nicht mehr auf, sondern als Trainer neben dem Spielfeld steht.

Die Checklisten mit den verschiedenen Übungen hat die BFU gemeinsam mit Fachpersonen entwickelt, damit Trainerinnen und Trainer auch ohne medizinische Fachkenntnisse abschätzen können, ob ein Spieler oder eine Spielerin nach einem Zusammenstoss beim Zweikampf oder nach einem Misstritt wieder zurück aufs Spielfeld kann. 

Zwei Checklisten von «Return to Play» enthalten verschiedene Übungen für Knie und Fussgelenke, deren Belastungsintensität von Übung zu Übung zunimmt. Eine weitere Checkliste für Gehirnerschütterungen ist in Arbeit. Treten bei den Übungen Schmerzen auf, empfiehlt die BFU, das Training oder den Match auszusetzen und eine medizinische Fachperson aufzusuchen. Wenn nicht – «Return to Play», zurück aufs Spielfeld. «Die Übungen dauern keine fünf Minuten und sind dadurch auch bei Matches anwendbar», erklärt Projektleiter Evangelos Marcoyannakis, Berater Sport und Bewegung bei der BFU.

Bald auch für Eishockey- und Handballvereine 

Der FC Spiez ist einer der 30 Fussballvereine in der Schweiz, welche die Checklisten von «Return to Play» für die BFU testen. Nach der Testphase werden diese, mit Unterstützung des Schweizerischen Fussballverbands, sämtlichen Vereinen im Amateurfussball zur Verfügung stehen. 

Doch die Checklisten sind auch sportartübergreifend anwendbar: «Nach der Testphase im Fussball werden wir das Projekt auch anderen Sportvereinen vorstellen», sagt Evangelos Marcoyannakis. Denn eines ist klar: Wer angeschlagen spielt, riskiert, sich noch schwerer zu verletzen und unter Umständen deutlich länger auszufallen.

Die Spielerinnen des FC Spiez sind mittlerweile aufgewärmt, nun steht Spieltechnik auf dem Trainingsplan. Die Checklisten hat Trainer Fabio Stucki heute nicht gebraucht. Er hat sie aber dabei, für alle Fälle.

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