Wer fährt, muss fahrfähig sein. Das gilt auch bei Medikamenten: Viele Arzneien beeinflussen die Fahrfähigkeit. Deshalb immer die Packungsbeilage lesen oder die Ärztin oder den Apotheker fragen. Das sagen Schweizer Gesetz und Rechtsprechung zum Thema.

Wer fährt, trägt die Verantwortung

Gewisse Medikamente wirken sich negativ auf die Fahrfähigkeit aus. Wer verschiedene Medikamente kombiniert resp. gleichzeitig auch noch Alkohol einnimmt, kann die Verkehrssicherheit noch stärker gefährden. Deshalb bestimmt Art. 2 Abs. 1 der Verkehrsregelnverordnung: Wer wegen Übermüdung, Einwirkung von Alkohol, Arznei- oder Betäubungsmitteln oder aus einem anderen Grund nicht fahrfähig ist, darf kein Fahrzeug führen.

Die Verantwortung, in fahrunfähigem Zustand kein Fahrzeug zu lenken, liegt also grundsätzlich bei den Fahrzeuglenkenden selbst. Wer unsicher ist, ob ein Medikament die Fahrfähigkeit beeinflusst, fragt am besten eine Ärztin oder einen Apotheker.

Rechtsfolgen

Wer die Empfehlungen von Ärzten und Apothekerinnen über den Einfluss von Medikamenten auf die Fahrfähigkeit und somit das Strassenverkehrsrecht missachtet, muss mit verschiedenen Konsequenzen rechnen. Das müssen nicht nur Vortests der Polizei zur Kontrolle der Fahrfähigkeit sein. Die Fahrzeuglenkenden können auch unangenehme Rechtsfolgen treffen:

  • Sofortige Abnahme des Führerausweises
  • Blutprobe, eventuell ergänzt durch eine ärztliche Untersuchung
  • Führerausweisentzug und Strafen
  • Versicherungsrechtliche Folgen (z. B. Regress der Motorfahrzeughaftpflichtversicherung)

Rechtsprechung

Im Folgenden finden Sie einige Urteile zum Thema. Der BFU-Rechtsdienst hat diese Urteile zusammengefasst und aus Präventionssicht analysiert. Sie können den Originaltext aller Urteile auch auf der Website des Bundesgerichts bzw. des entsprechenden kantonalen Gerichts nachlesen.

Vorsorglicher Führerausweisentzug wegen Anzeichens auf Medikamentenmissbrauch

Das Führen eines Motorfahrzeugs beinhaltet ein grosses Gefährdungspotenzial. Deshalb erlauben schon Anhaltspunkte, die den Fahrzeugführer, die Fahrzeugführerin als besonderes Risiko für die anderen Verkehrsteilnehmenden erscheinen lassen und ernsthafte Bedenken an der Fahreignung erwecken, einen vorsorglichen Führerausweisentzug (Bundesgerichtsurteil 122 II 359 vom 14.8.1996). Ein vorsorglicher Führerausweisentzug dient der Sicherstellung der Verkehrssicherheit. Rechtsgrundlage bildet Art. 30 der Verkehrszulassungsverordnung.

Gerichtsurteil dazu:

Der Verdacht auf eine verkehrsrelevante Medikamentensucht und auf einen erneuten manischen Schub rechtfertigen einen vorsorglichen Führerausweisentzug (Bundesgerichtsurteil vom 14.2.2008 // 1C_233/2007). Lesen Sie die Analyse dieses Bundesgerichtsurteils hier.

Führerausweisentzug auf unbestimmte Zeit wegen Medikamentensucht bzw. -konsums, der die Fahreignung ausschliesst

Ein Sicherungsentzug des Führerausweises (d. h. ein Entzug auf unbestimmte Zeit) ist bei einer Medikamentensucht denkbar, wenn diese die Fahreignung ausschliesst. Aber auch dann, wenn die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit – trotz Medikamentenkonsums – nicht oder nicht mehr ausreicht, ein Motorfahrzeug sicher zu führen, kann der Führerausweis auf unbestimmte Zeit entzogen werden. Rechtsgrundlage bildet der Art. 16d Strassenverkehrsgesetz. Nötig sind auf jeden Fall genaue Abklärungen des Einzelfalls.

Gerichtsurteile dazu:

  • Mischkonsum von Alkohol und Benzodiazepinen (Bundesgerichtsurteil vom 17.5.2004 // 6A.5/2004). Eine Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.
  • Mischkonsum von Alkohol und Medikamenten betr. metabolisches Syndrom (Blutdruck und Blutzucker) (Bundesgerichtsurteil vom 8.3.2012 // 1C_328/2011). Eine Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.
  • Keine schematische Anwendung von Richtlinien (Bundesgerichtsurteil vom 16.4.2014 // 1C_840/2013). Eine Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.

Führerausweisentzug auf bestimmte Zeit wegen Führens eines Motorfahrzeugs unter Medikamenteneinfluss und dadurch resultierender Fahrunfähigkeit

Wer wegen Medikamenteneinfluss fahrunfähig ist und in diesem Zustand ein Motorfahrzeug führt, begeht eine sog. schwere Widerhandlung im Sinne von Art. 16c Strassenverkehrsgesetz. Er oder sie muss in diesem Fall mit einem mindestens dreimonatigen Führerausweisentzug (sog. Warnungsentzug) rechnen.

Gerichtsurteil dazu:

Führen eines Lieferwagens unter dem Einfluss eines Antidepressivums und eines Neuroleptikums (Bundesgerichtsurteil vom 23.2.2017 // 1C_536/2016). Lesen Sie die Analyse dieses Bundesgerichtsurteils hier.

Strafen wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand aufgrund von Medikamenten

Fahrunfähigkeit wegen Medikamenteneinfluss kann nicht nur zum Führerausweisentzug, sondern auch zu Strafen führen. Rechtsgrundlage bildet der Art. 91 Strassenverkehrsgesetz.
Gerichtsurteile dazu:

  • Fahren eines Motorfahrzeugs nach Einnahme des Medikaments MST Continus (Morphin) (Urteil SB130535 des Zürcher Obergerichts vom 8.5.2014). Lesen sie die Analyse des Gerichtsurteils hier.
  • Fahren eines Motorfahrzeugs unter dem Einfluss des Medikaments Valium (Bundesgerichtsurteil vom 18.12.2000 // 6S.619/2000). Lesen Sie die Zusammenfassung dieses Bundesgerichtsurteils hier.

Weitere Informationen

Mehr zum Thema Medikamente finden Sie in unserem Ratgeber «Medikamente am Steuer».

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